Alles Klima, oder was?

14. November 2021

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Nach rund vier Monaten schreibe ich heute mal wieder einen Blog-Beitrag. Es war ziemlich viel los bei mir. Neben Job, und der Ausbildung zum Naturpark Klimabotschafter, habe ich meine Zeit damit verbracht, mir über neue Projekte Gedanken zu machen. Dazu werde ich zu einem späteren Zeitpunkt etwas schreiben. In den letzten Monaten ist eine Person besonders kurz gekommen, und das bin - Ich. Deshalb stand ich heute mal früh auf und machte mich auf um raus zu gehen, ihr wisst schon: RAUS IN DIE NATUR!

Frei nach dem Motto: "Das Leben beginnt am Ende deiner Komfortzone" ging ich also los und stapfte durch das noch feuchte Gras. Über die Wiesen, um kurz darauf den Wald zu erreichen. Bei meinen "Alleingängen" habe ich mir ein festes Ritual zugelegt. Ich "walde mich ein". Den Begriff habe ich von Baptiste Morizot (Schriftsteller und Philosoph) übernommen. Kurz die Augen geschlossen, auf den eigenen Atem und auf die Geräusche der Umgebung achten. Dabei lege ich meine Hand an einen großen Baum um Kontakt mit der Natur aufzunehmen. Wobei mir Begriffe wie Natur, Umwelt oder "draußen" immer fremder werden, je mehr ich mich damit befasse. Dazu passt die folgende kurze Geschichte ganz gut:

Ein alter Mönch steht im prasselnden Regen, den Rücken zum Tempel gewandt; sein Blick schweift über die Bergkette. Ein junger Mönch schaut aus dem Fenster und sagt zu dem älteren Mönch: "Kommt doch herein, ihr holt euch noch denTod!" Nach einer Zeit des Schweigens antwortet der Ältere: "Herein? Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich draußen bin"

Vielleicht sollten wir alle lernen (oder wieder lernen) dass wir ein, zugegebenermaßen sehr kleiner, Teil von etwas ganz großem sind. Das es keine Umwelt gibt, eher eine Mitwelt. Alles ist mit allem verbunden. Also ein "interbeing", in einem Netz von komplexen Strukturen verwoben. Der ganze Planet ist ein großer lebendiger Organismus. Und eine Spezies sorgt dafür dass dieser Organismus Fieber bekommt. Der Mensch!

Klimawandel?, nein Klimakrise!

Um das Problem mit dem Klima richtig verstehen zu können müssen wir etwas weiter in unserer Geschichte zurück gehen. Es gibt Untersuchungen dass die Klimakrise vor ca 5000- 2000 Jahren begonnen hat. Damals fanden erste größere Abholzungen, vor allem in China, Indien, dem Mittleren Osten, Europa und Nordafrika statt. Und daraus resultierte schon ein Anstieg der Treibhausgase. Es gab mehrere Warmzeiten, die letzte im Mittelalter. Mit deutlich höheren Temperaturen als heute. Aber etwas war zu der damaligen Zeit anders als heute. Es gab wesentlich größere Waldflächen als heute. Wesentlich mehr Moore und Sümpfe. Mehr Feuchtgebiete. Und all diese Gebiete speichern vor allem eines: Kohlenstoff, und zwar in Form von CO².

"Ich glaube dass die größte Bedrohung für unsere Erde nicht die Emissionen der fossilen Brennstoffe sind, sondern der Verlust von Wäldern, Boden, Feuchtgebieten und marinen Ökosystemen. Das Leben erhält das Leben. .... diese Bedrohung kann nicht durch einfache Reduzierung der CO²-Emissionen überwunden werden." Soweit Eduard Abbey, Schriftsteller und Umweltaktivist in den USA.

In den marinen Ökosystemen gibt es mehrere Beispiele zu den oben genannten Verlusten. Eines davon ist folgendes: vor allem nach 1945 wurden viele Wale gejagt, manche Walarten bis an den Rand des Aussterbens. Dadurch wurde den Schwertwalen, sie jagten vor allem andere Wale und deren Nachkommen, ihre Nahrungsquelle genommen. Die Schwertwale jagten in Ermangelung anderer Beutetiere vermehrt Seehunde, Seelöwen und Seeotter. Die Otter wiederum jagen Seeigel, die sich durch nun weniger Seeotter stark vermehren konnten. Die Seeigel fressen Seetang. Dieser Seetang speichert CO² und puffert den Säuregehalt der Meere. Hoher Säuregehalt in den Meeren hemmt das Wachstum von Korallen und Schalentieren, auch diese sind starke Kohlenstoffsenker. Eine Kettenreaktion.

Was sollen wir tun?

Um es vorwegzunehmen, nur den Treibstoff unserer Fahrzeuge und Stromerzeugung zu ändern wird nichts an der Klimakrise ändern. Sie wird dadurch nur verschoben.

Du kannst das Problem nicht mit der selben Art des Denkens lösen, die zum Problem geführt hat, Albert Einstein

Wir müssen die Sache mit dem Klima zu einer persönlichen Sache machen. Wir müssen verstehen dass es nur mit Verlust und Verzicht jedes einzelnen machbar sein wird. Wir müssen verstehen und begreifen, dass manche Dinge nicht messbar, aber unbezahlbar sind. Wir leben schon lange auf Pump, und zwar zu Lasten der nachfolgenden Generationen. Nur zu demonstrieren bringt allerdings auch nichts. Man muss schon selbst aktiv werden. Und das im eigentlichen Wortsinn. Streuobstwiesen pflegen und bewirtschaften, Holz als Baustoff verwenden (CO²-Speicherung), Konsum zumindest überdenken, am besten beschränken. Feuchtgebiete pflegen und wieder vernässen. Die Liste ist lang, es gibt viel zu tun. Es muss aber auch getan werden. Mäanderter Bachlauf im Fichtental auf dem nächsten Foto zeigt was machbar ist. Hier könnte demnächst der Eisvogel seine Brut aufziehen.

Beispiele der Verwobenheit in der Natur

Oben: Pilz zersetzt Totholz, unten: Symbiose von Baum und Efeu

Gegenspieler, oder die Frage wo manche falsch abgebogen sind

Vor ein paar Wochen haben es die oder der Täter geschafft, zwei meiner Bienenvölker final zu erledigen. Es war der dritte Versuch. Über die Hintergründe kann ich nur spekulieren, nur Vermutungen anstellen. Dennoch, es gibt Licht am Ende des Tunnels. Ein paar Tage nachdem ich es in Facebook öffentlich gemacht hatte bekam ich abends einen Anruf von einem Nachbarn eine Straße weiter. Seine Tochter wolle mir was schenken, sagte er am Telefon. Und wenn ich daheim sei komme er rasch mit ihr bei mir vorbei. Lilly, so heisst die Tochter, 8 Jahre alt war schon ein paar Mal bei Touren von mir dabei. Und mein Geschenk seht ihr im nächsten Bild. Wenn jeder nur ein wenig ihrer Empathie hätte, dann würde es vermutlich besser um unsere Welt stehen. Das Bild soll mich trösten, weil meine Bienenmädchen gestorben sind.

Passend zum obigen Bild, fand ich bei einem Schwarzwald-Guide-Kollegen folgenden Status:

Jeder, den du kennst, kämpft in einer Schlacht, von der du nichts weißt. Sei nett. Immer. (Robin Williams)

Pausenplatz

Mittlerweile bin ich schon eine ganze Weile unterwegs, Zeit eine längere Pause zu machen. Ich sitze also auf meinem Sitzkissen, trinke etwas und lasse meine Gedanken kreisen. Da sehe ich vor mir eine Spur, die ich nicht eindeutig identifizieren kann. Ich erinnere mich an den Spruch der Spurensucher der Gwich´in, ein Stamm der native americans. Sie sollen die Gewohnheit haben über eine Spur folgendes zu sagen:

Es ist ein Wolf. Oder etwas anderes. Oder doch nicht. Vielleicht.

Soweit kann ich die Aussage bestätigen. Obwohl, Wolf schließe ich aus. Definitv. Andererseits, wer kann das schon mit Bestimmtheit sagen oder gar ausschließen. Da bringen mir auch tausende Generationen von Spurensuchern vor mir in der Evolution auch nicht wirklich was. Baptiste Morizot sagt dazu:

Wir sollten ausprobieren, was geschieht, wenn die lange Vergangenheit des Menschen in uns aufsteigt und mit dem gegenwärtigen Augenblick zusammentrifft.

Und weiter sagt er:

Es ist Zeit, wieder auf die Erde zurückzukehren

"So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen - Es ist soweit" Hoimar v. Ditfurth