Zuversicht

14. November 2020

Cover Image

Der Herbst ist auch bei uns angekommen, wenn es auch ein eher untypischer Herbst ist. Bei Temperaturen von 15 Grad Mitte November bin ich dann doch etwas irritiert. Und nicht nur ich, auch meine Bienen sind noch teilweise voll in der Brut. Sie sollten jetzt aber eigentlich Futter und Reserven sparen und nicht so tun als wäre Anfang September. Was mir sonst noch bei meinen Streifzügen aufgefallen ist erzähle ich euch in diesem Beitrag. Also: RAUS IN DIE NATUR

Das Titelbild deckt sich für mich absolut mit dem Titel dieses Beitrags. Eine Eichel hat angefangen zu keimen. Feuchtigkeit war vorhanden, Wärme auch. Und so läuft das ab was genetisch angelegt ist. Die Eichel "versucht" eine Eiche zu werden. Wenn alles glatt läuft kann sie das auch werden. Ganz frei nach dem Motto: "eine muss ja mal den Anfang machen". Auf dem Weg von einer kleinen Eichel zu einem Baum auf dem nächsten Bild gibt es viele Gefahren zu überstehen. Die Wilde Sau und andere Tiere haben sie zum fressen gern, Trockenheit, Pilze usw können da im Wege stehen ein großer, stattlicher Baum zu werden. Und zu guter letzt darf man auch den Menschen nicht vergessen, der Eichenholz in allen Alterstufen zu schätzen weiß. 

Das nächste Bild zeigt eine Knospe eines Ahornbaumes. In dieser Knospe ist alles bereit für den großen Tag. Der Tag an dem sie sich öffnet und ihr Blatt ausbreitet damit die Photosynthese beginnen kann. Sie "wartet" also ca. ein halbes Jahr in diesem Zustand, voller Zuversicht auf ein Leben in dem sie sich voll entfalten kann. Nicht mehr eingesperrt ist und sich frei entfalten kann, falls nicht vorher ein Reh vorbeikommt und sie abfrisst.

Ein Wandervogel

Auf einer unserer letzten Wanderung machten wir eine Pause in einem Aussichtspunkt oberhalb eines Weinberges. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt. Und da sah ich ihn. Er entspannte auf einer alten Eiche, vermutlich hat er seinen Rausch ausgeschlafen. Im Moment ernährt er sich nämlich fast ausschließlich von Fallobst und er ist jetzt praktisch ständig besoffen. (Originalzitat eines mit mir befreundeten Schmetterlingsexperten).

Wandervogel nenne ich ihn, weil er eigentlich über die Alpen fliegt. Er überwintert in Südeuropa oder Nordafrika und kehrt dann wieder über die Alpen zu uns zurück um hier für Nachwuchs zu sorgen. Für die knapp 3000 km benötigt er ungefähr zwei Wochen. Was für eine Leistung für so ein kleines Tier. Er hat meines Wissens bei den Schmetterlingen mit die längste Lebensdauer und kann bis zu zwei Jahre leben. Die Admirale aus dem skandinavischen Bereich überwintern hier in unserer Gegend, aber ich vermute dass es auch bei uns lebende Tiere gibt die nicht mehr in den Süden fliegen. Sie überwintern hier und warten voller Zuversicht auf den nahenden Frühling. Die Raupen ernähren sich ausschließlich von  Brennnesseln, deshalb lässt man immer in einem wilden Eck im Garten oder auf der Wiese Brennnesseln stehen.

Der Grund, warum Vögel fliegen können und wir nicht, ist der, dass sie voller Zuversicht sind und wer zuversichtlich ist,dem wachsen Flügel (J.M. Barrie, Schriftsteller, "Erfinder" von Peter Pan)

Aufgeben - NIEMALS

Diese Esskastanie hat einen unglaublichen Überlebenswillen. Vor Jahren wurde ihr Stamm abgesägt. Eine schlafende Knospe oder ein schon angelegter Zweig hat die Führung übernommen und bildet einen neuen Stamm aus. Er trägt die Blätter ins Licht um die Photosynthese zu gewährleisten. Sogar ein paar kleine Früchte hat er schon angelegt. Besser kann man das Thema Zuversicht nicht umsetzen. 

Es kann nichts schiefgehen. das einzige was passieren kann, ist, dass die Dinge einen anderen Verlauf nehmen als geplant! (Stephan Sarek, dt. Schriftsteller)

Canale grande

Naja, canale grande nun nicht gerade so wie in einer bekannten Lagunenstadt an der Adria. Dennoch eine für damalige Verhältnisse repektable Leistung. Nach all den Jahren die ohne Nutzung und Pflege ins Land gegangen sind kann man den Kanal nur noch sehr schwer erkennen. Auf dem oberen Bild kann man sogar einen Abzweig erkennen, oder erahnen.

Ein Relikt aus vergangener Zeit. Wässergräben, oder was davon noch übrig und zu erkennen ist. Hier die Bilder sind aus dem vorderen Bereich des Reichenbachwiesenweges, leider sind viele Trockenmauern und Gräben dem Verfall preisgegeben. Mein Vater hatte mir mal erzählt dass es immer zum Ende des Winters an die Gräben ging - "Gräbe butze". Dabei wurde mit einer Grabenaxt die Seitenwand des Grabens glatt gehauen und dann mit Schaufel oder angeschmiedeter Hacke das Bodenmaterial aus dem Graben befördert.

Jede Familie hat den Graben auf ihrem Grundstück in Ordnung gehalten. Ab und an gab es wohl Streit unter den benachbarten Grundstücksbesitzern um die Menge und Dauer der Bewässerung. Die Bewässerung hatte nicht nur den Zweck das Wasser und evtl. Nährstoffe auf die Wiesen geleitet wurden. Im zeitigen Frühjahr ließ man das Wasser über die, teilweise noch verschneiten, Wiesen laufen. Damit erwärmte sich der Boden schneller und es konnte im Optimalfall eine Mahd mehr pro Jahr geschnitten werden. Genau diese Hoffnung auf eine bessere oder üppigere Ernte war der Antrieb. Heute werden sie bei uns im Murgtal leider nicht mehr benötigt und auch nicht mehr genutzt. In Südtirol jedoch gibt es noch jede Menge solcher Kanäle, dort werden sie Waale genannt.

Zuversicht, eine Erfolgsgeschichte

Die Österreicher wollten zu Kaiserszeiten eine Bahnverbindung von Wien nach Triest bauen. Aber nicht über Ungarn was eine flachere Streckenführung erlaubt hätte, sondern über den Semmering. Ab 1848 wurde mit dem sehr aufwendigen Bau begonnen, viele Tunnel und Viadukte, Brücken und so weiter waren zu errichten. nach 6 Jahren wurde die Bahnstrecke eröffnet. Jetzt fragt sich so mancher Leser, was hat diese kleine Geschichte mit dem Thema "Zuversicht" zu tun. Nun, zum Baubeginn der Bahn gab es noch gar keine Lokomotive die diese Steigung geschaft hätte. Die gab es erst ab ca 1853. Das hat die Menschen in Österreich aber nicht davon abgehalten daran zu glauben dass es diese irgendwann geben wird. Und so wurde mit dem Bau begonnen. Eine wirklich tolle Geschichte! Sie ist sogar wahr.

Zu guter Letzt bleibt mir nur noch ein letztes Bild für heute. Es zeigt einen Stapel Brennholz der direkt der Sonne und dem Regen ausgesetzt ist. Er vergraut, ein natürlicher Holzschutz. Schön zu sehen, wie jedes Stück eine eigene Maserung hat. Manche sind glatter, manche rauer. Das gibt es auch bei uns. Wichtig ist mir, dass der Ton unter uns nicht rauer wird. Das wir weiterhin miteinander reden und uns austauschen. Nicht digital, eher so oldschool. Von Mensch zu Mensch, bei einer Tasse Espresso, bei einem aperitivo oder einem Fläschchen Wein. Geht im Moment nicht so wie wir das gerne hätten. Dennoch bin ich voller Zuversicht dass die Zeiten wieder kommen werden. Unsere Krankheiten, Gebrechen oder auch nur Zipperlein vorbei gehen werden und nur eine Episode in unserem Leben sein werden.

In diesem Sinne, bleibt mir gesund oder werdet es wieder. Und in den Worten meiner Oma: " Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist".

Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sonder wo man verstanden wird (Chr. Morgenstern)