26. Juni 2020
Ein Abendspaziergang - einfach mal raus um was anderes zu sehen als nur Büro und Job. Eigentlich nichts besonderes. Die Beine vertreten, wie man so schön sagt. Was, oder besser gesagt, wer mir dabei begegnet ist, davon handelt diese kurze Geschichte.
Beim Betrachten des Bildes zum Beginn des Beitrags glauben sich sicher einige Leser ein wenig veräppelt. Und ja, es ist kein Käfer und keine Beere. Sondern eine Hornisse die ein älteres Modell eines geflochtenen Blumenübertopfes als Lieferant für Nestbaumaterial benutzt. Drauf gekommen bin ich erst nachdem ich nagende Geräusche hörte und nicht wusste, wo das Tier sitzt und vor allem welches Tier es verursacht. Also immer den Geräuschen nach und etwas versteckt fand ich sie dann und bannte sie auf ein Foto. Damit ihr auch etwas davon habt. Die Hornisse zeigte sich völlig unbeeindruckt von mir, obwohl ich ihr so nah gekommen bin. Vermutlich passe ich nicht in ihr Beuteschema, damit könnte ich leben. Oder ich bin ihr schlicht egal, sie beachtete mich nicht. Auch damit kann ich gut leben. Vermutlich ist Nestbau für das Volk wichtiger als pure Nahrungsaufnahme. Wirklich eine beeindruckende Tierart.
Rückschau auf die erste Führung in diesem Jahr
Letzten Samstag konnte ich in diesem Jahr meine erste Führung anbieten. Die Führung zum Thema Nachtigall fiel Corona zum Opfer. Diese besagte erste Führung hatte den Titel "Insektenwelt - Insektensterben?" Wobei ich mir eigentlich das Fragezeichen schenken könnte. Für viele Arten könnte es jetzt schon zu spät sein. Das macht mich oft sehr traurig und auch sehr nachdenklich. Dennoch weiß ich, dass ich alleine nichts erreichen kann, und ich versuche meine Begeisterung an andere weiterzugeben. Insekten gehören ganz klar zu meinen Favoriten. Die Führung war gut besucht, die Altersspanne der Teilnehmer von 7 bis über 70. Und alle mit großem Interesse dabei. Eine Teilnehmerin schrieb mir ein paar Tage später: "Du hast die Führung echt toll und mit viel Herzblut gemacht. Eigentlich hat es mich nicht wirklich interessiert was kreucht und fleucht, aber mittlerweile schaue ich auch ständig nach unten und prüfe zumindest, dass kein Ölkäfer über meine Schuhe läuft". Ein schönes Kompliment - vielen Dank! Am 04.07.2020 findet die zweite Auflage dieser Führung statt, es sind noch ein paar Plätze frei.
Es gibt Menschen, deren einmalige Berührung mit uns für immer den Stachel in uns zurück lässt, Ihrer Achtung und Freundschaft wert zu bleiben. ( Christian Morgenstern)
Der Donnergugi
Bevor es jetzt zu sentimental wird erzähle ich euch lieber was sich bei meinem Abendspaziergang zugetragen hat. Auf gehts, Schuhe an und RAUS IN DIE NATUR. Begleitet mich auf meinem kleinen "microadventure". Vor der Haustür fängt das Abenteuer schon an, wenn man es will. Wobei es für mich die ersten 15 Minuten ziemlich wenig zu entdecken gab. Wahrscheinlich war ich noch zu sehr in meinen Gedanken gefangen was mich am Tag im Job alles beschäftigt hat. Und dann kam er um die Ecke und ich war sofort bereit mich auf ihn einzulassen. Der Donnergugi - Hirschkäfer, Hornschröter und noch viele weitere regionale Bezeichnungen existieren für ihn. Für mich einer der schönsten Käfer. Imposant und gleichzeitig auch immer ein wenig clownesk. Wenn er über den Waldweg schreitet hat er eine gewisse Grazie um gleich danach einen Überschlag zu machen. Und damit bringt er mich zumindest zum Schmunzeln, manchmal auch zum Lachen. Die Beschreibung der Art lasse ich heute mal aus, sie wird in einem anderen Beitrag nachgeholt. Alleine für die Beschreibung der Entwicklung der Käfer im Boden reichen ein paar Zeilen nicht aus.
Zum Thema Lachen sagte Roberto Benigni mal folgendes:
Lachen rettet uns, weil wir die andere Seite der Dinge sehen, ihre surreale und unterhaltsame Seite, oder uns diese zumindest vorstellen.
Lachen hilft uns, nicht zerrissen zu werden, nicht wie welkes Laub fortgefegt zu werden, sondern die Nacht zu überstehen, auch wenn diese endlos lang ist.

Und noch ein Käfer
Auf den nächsten Metern krabbelte ein weiterer Käfer über den Weg. Blos ein Mistkäfer, dachte ich. Und ertappte mich wie ich ein Tier negativ bewertete, obwohl es keinen Grund dafür gab. Christian Morgenstern meint zu dem Thema:
Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet
Das Käferchen war sehr schnell unterwegs und wollte sich nicht von mir aufhalten lassen. So legte ich ihm meinen Autoschlüssel in den Weg, auch um eine ungefähre Längenmessung vorzunehmen.
.jpeg)
Zur Orientierung benutzen manche Mistkäferarten übrigens das Sternenlicht. Sie erkennen den Weg von ihrem Nest zu ihrer Nahrung indem sie sich sozusagen eine Momentaufnahme des Nachthimmels mit Sternen merken. Falls ihr mir das nicht glaubt könnt ihr es nachlesen unter "science.orf.at". Einfach Suchbegriff "Mistkäfer" eingeben und ihr kommt zum Artikel. Sachen gibt es, das glaubt man zunächst nicht.
Der dritte Käfer
Schon wieder auf dem Rückweg sah ich etwas über den Weg rennen, und im ersten Moment dachte ich wieder an einen Mistkäfer. Aber, es war kein Mistkäfer sondern ein Verwandter vom Hirschkäfer. Ein Schröter, vermutlich ein Balkenschröter. Dem Aussehen nach kann man ihn mit einem kleinen Hirschkäferweibchen verwechseln, aber die Größenunterschiede sind eigentlich eindeutig. Der Balkenschröter wird bis zu 32mm groß. Aber seine Mandibeln (Mundwerkzeuge) sind sehr kräftig und können durchaus zu schmerzhaften Begegnungen führen. Bei diesem Exemplar war ich der Meinung dass er auf der Suche war. Ob nach Nahrung, Unterschlupf oder nach einer Partnerin (oder Partner) konnte ich natürlich nicht herausfinden. Und beim Betrachten ging mir durch den Kopf auf was wir alle auf der Suche sind. Oder besser, auf was ich auf der Suche bin.
Das Leben ist die Suche des Nichts nach dem Etwas (Christian Morgenstern)
Die Beere

Hier ist das Aussehen Programm. Die Einbeere (Paris quadrifolia), zählt zu den Lielienartigen und es gibt sie relativ häufig in unseren (Laub-)Mischwäldern. Alle Pflanzenteile sind giftig, vor allem die Beere. Am Fundort dieser Pflanze gibt es noch viele weitere, sie kommen oft in Gruppen vor. In früherer Zeit wurde die Einbeere auch zu medizinischen Zwecken benutzt und das für die unterschiedlichsten Krankheiten. Etwa wenn man "durch Unholde und Zauberei der Vernunft beraubt worden sei". Vielleicht wäre die Arznei auch etwas für unsere heutige Zeit. Aber was ist es was wir brauchen? Vernunft? oder fehlt uns einfach Liebe? Liebe nicht nur zu und zwischen Menschen. Liebe für die Natur ,......
Liebe ist nicht ein Gefühl, sondern der Charakter einer produktiven Beziehung. Das nicht mehr zu verstehen, ist unser großer Irrtum in einer Zeit, in der wir alle der Liebe als dem einzigen Lebensziel hinterherrenen, zugleich aber überall auf eine außerordentliche Lieblosigkeit stoßen und uns dieser selbst schuldig machen. Durch unser Missverstehen des Liebens verstärken wir die Situation dabei beständig. Eine Welt, in der Liebe nicht wirkmächtig existiert, sondern von den Menschen bloß hinzugedichtet wird, verliert die Fähigkeit, fairen Umgang zu ermöglichen, Sinn zu spenden und anderen als rein monitären Reichtum hervorbringen
Aus dem Buch "Lebendigkeit - eine erotische Ökologie", Andreas Weber