Friede, Liebe, Kampf

26. Juni 2022

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Nach langer Zeit komme ich mal wieder zum Schreiben. Oft sind halt andere Dinge wichtiger oder spannender als mich vor den Computer zu setzen und zu schreiben. Ich bin halt einfach lieber draußen. Ihr wisst es: RAUS IN DIE NATUR! 

Friede

Vor ca. 2 Monaten war ich mit einem Studienkollegen in dessen Revier unterwegs. Ich hatte gehört, dass es in seinem Forstrevier Biber gibt. Also schrieb ich Markus eine Mail und fragte mal vorsichtig an, ob er mir das mal zeigen kann. Am gleichen Tag kam eine Mail zurück mit Telefonnummer, und der Aufforderung einfach wegen der Terminabsprache anzurufen. Ein Termin war schnell gefunden, und so fuhr ich nach Hügelsheim um mir das mal zeigen zu lassen. Wir hatten uns viel zu erzählen, hatten uns ja auch eine lange Zeit nicht gesehen. Am Altrheinarm angekommen gingen wir noch ein Stück und da sah ich es schon: an einer Stelle waren Bäume gefällt worden, aber offensichtlich nicht von Menschenhand. Davon zeugt das nächste Bild. Dieser Vormittag mit Markus in seinem Revier hatte so etwas friedliches, das hat mich beeindruckt. Wir versuchten natürlich uns leise zu bewegen, sehr achtsam auf den Pfaden unterwegs. Geredet wurde nur wenig. Einfach mal die Natur wirken lassen und sich von einem Kenner der Materie die spannendsten Stellen zeigen zu lassen.

Biber haben wir keinen gesehen, hatte ich auch nicht erwartet. Dafür allerhand Spuren ihres Daseins.

Man kann am obigen Bild gut die Fraßspuren des Bibers erkennen. Der europäische Biber ernährt sich rein vegetarisch, er fällt Bäume um an die Blätter, Zweige und Rinde zu gelangen. Dämme baut der Biber im Revier von Markus nicht, weil der Wasserstand in den Altrheinarmen und Kanälen immer so hoch ist dass er das gar nicht machen muss. Eine sehr beeindruckende Tierart. Immerhin hat er auf dem unteren Bild eine Erle mit einem geschätzten Durchmesser von ca 45 cm gefällt.

Friede mit sich selbst, ist Friede mit der ganzen Welt (Johann Georg Zimmermann)

Liebe oder "Max und Moritz"

"Schön hat es die Forstpartie, der Wald der wächst auch ohne sie". Wie oft musste ich mir diesen Spruch anhören als ich Forstwirtschaft studierte oder später im Revierdienst war. Das stimmt natürlich auf der einen Seite, die Bäume und Sträucher wachsen ohne Zutun des Menschen. Wenn wir aber Holz nutzen wollen, dann muss der Forst auch richtig gepflegt werden. Bäume gepflanzt (nicht immer zwingend notwendig), Jungbestandspflege, Holzeinschlag, Wegebau usw müssen geplant und mit großer, fachlicher Kompetenz auch überwacht werden. Und eine wichtige Grundvoraussetzung muss bei diesen Menschen vorab vorhanden sein. Die absolute Liebe zur Natur. Zu allem was kreucht und fleucht. Zu Bäumen, Sträuchern, Gräsern, Moosen, Flechten, Pilze usw. Ich kenne viele Förster, aber ich kenne keinen einzigen der nicht diese Liebe zur Natur hätte. Einer davon ist Uwe Meyer aus Gernsbach. Wir telefonierten Anfang Mai wegen einer anderen Sache und im Laufe des Gesprächs erzählte er mir begeistert von Max und Moritz. Gemeint sind damit "seine" Gelbbauchunken, denen er durch ein paar Modifikationen auf den Rückewegen, im wahrsten Sinne des Wortes, den Weg bereitet hat. Also Termin vereinbart und raus ins Revier. Ein wenig abgelegen war dann der Rückeweg schon, vermutlich ist das aber besser um den Tierchen ihre Ruhe zu lassen. Vorsichtig an die größeren Pfützen des Weges rangepirscht, und auf einmal hab ich sie gesehen. Siehe nächstes Bild.

Leider etwas verwackelt, nur mit Handykamera bewaffnet waren sie schwer vor die Linse zu bekommen. Das nächste Bild ist etwas besser.

Es waren einige erwachsene Tiere aber auch einige Jungtiere. Sehr spannend, diese kleinen zarten Froschlurche durch die Laichgewässer schwimmen und tauchen zu sehen. Jedes Jahr im Winter lässt Uwe Schlepper durch diese Fahrspuren fahren damit die Laichgewässer genügend Tiefe haben und sich das Regenwasser gut darin sammeln kann. Die Unken sind schon ein paar Jahre im Revier zu finden. Aber halt erst seitdem der Förster die Fahrspuren hat vorbereiten lassen.

Das nenne ich Liebe zur Natur, und auch ein großes Wissen, wie die Abläufe und Zusammenhänge in der Natur sich darstellen.

Es gibt in Wahrheit kein letztes Verständnis ohne Liebe (Christian Morgenstern)

Kampf

Die alte Pappel hat bestimmt manchen Kampf miterlebt im Laufe Ihres Lebens. Sie steht sehr gut wasserversorgt am Rande des Gardasees. Ein mächtiges Geschöpf. Auch die Olivenbäume auf den folgenden Bildern sind wahrhaft mächtige, sehr alte Geschöpfe. In den einen ist im Laufe der Jahre ein Stein eingewachsen, bei dem anderen ist der Überlebenswille so groß, dass er immer wieder frische Triebe bringt, obwohl der Rest des Baumes schon sehr kaputt ist. Die Bäume sind ca 250 bis 280 Jahre alt.

Welche Auswirkungen die Klimakatastrophe mittlerweile schon hat, kann man auf dem nächsten Bild sehen. Ein Steineichen-Pinienwald auf Sandboden, vor 10 Jahren noch stabil und intakt. Mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst. Niederschläge bleiben aus, mittlere Jahrestemperatur deutlich gestiegen. Meine Prognose: in spätestens 20-30 Jahren wird es diesen Wald nicht mehr geben. Der Kampf scheint mir hier verloren zu sein. Das macht mich wirklich sehr betroffen und traurig, wie wir immer noch nicht verstanden haben dass wir unser Verhalten ändern müssen.

Heute vormittag hab ich eine echte Kämpferin getroffen. Sie hat Ihren Rüssel ganz tief in die Blüte gesteckt, damit sie an den begehrten Nektar kommt. Wenn man bedenkt wie oft eine Biene ausfliegen muss um Nektar für ein Kilo Honig zu sammeln, wie körperlich anstrengend nicht nur der Flug, sondern auch das Sammeln selbst ist. Sehr beeindruckend.

Die Bewegung des allgemeinen Lebens besteht nicht in der wachsenden Stärke und Zunahme des Kampfes der Wesen untereinander, sondern im Gegenteil in der Verminderung der Uneinigkeit und der Abnahme des Kampfes. (Leo Tolstoi)