5. Juli 2020
Um es vorweg zu nehmen. Mit dem Titel ist natürlich nicht "die Wiesen" in München gemeint. Erstens weil es zu früh im Jahr wäre (wenn sie den stattfinden könnte) und zweitens weil ich nicht die Absicht habe über ein Volksfest zu schreiben. Nein - dieser Beitrag handelt von "meinen Wiesen". Die zwar nicht alle mir gehören, aber trotzdem irgendwie meine Wiesen sind. Aber lest selbst.
Gras - nur Gras
"Was findest du denn nur an diesen Wiesen so spannend? Das sind doch ganz normale Wiesen. Gras und sonst nichts. Okay, vielleicht noch ein paar Blumen. Und dann diese ganzen Krabbelviecher. Zecken, Wespen und das ganze unnütze Geziefer. Verstehe ich nicht, dass man da so begeistert sein kann". O-Ton eines Gesprächs mit einem Bekannten von mir. Ich glaube es ihm sogar dass er das nicht versteht. Solange man keine Beziehung zu einer Sache hat und oberflächlich schaut ist diese Meinung durchaus verständlich. Dennoch handhabe ich es ein wenig anders als viele andere Menschen und erlebe z.B. bei meinen Führungen dass es doch noch andere Menschen gibt. Menschen die viele Dinge ähnlich wahrnehmen und begeistert sind von den kleinen Augenblicken die man selbst in einer Wiese erleben kann. Achtsam und mit offenen Sinnen durch die Natur und vor allen Dingen: RAUS IN DIE NATUR.
Auf dieser Wiese kann man weit über 20, vermutlich sogar noch mehr Arten von Blütenpflanzen entdecken. Und da ist das Gras noch gar nicht mitgezählt. Manche sehen darin eine Wiese und andere sehen viele Blumen.
Es gibt überall Blumen, für den der sie sehen will. (Henri Matisse)
Selbst bei einem bedeckten Himmel wie am heutigen Tag ist auf so einer Wiese richtig was los. Wenn man es sehen will. Und ihm Beachtung schenken will. Sich berühren lassen will und einfach verstehen will dass die Menschheit nur dann eine Chance hat weiter zu kommen, wenn wir allen Geschöpfen die notwendigen Bereiche lassen und uns weniger wichtig nehmen. Dazu gehört meines Erachtens auch, dass wir die Streuobstwiesen pflegen, viele Arten sind darauf angewiesen und es war bei unseren Vorfahren eine selbstverständliche Tradition dies zu tun. Nun leben wir aber in einer Zeit des Überflusses, und Traditionen sind eher kein Thema in der heutigen Zeit. Finde ich ziemlich schade. Traditionen sind Teil unserer Identität.
Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme (Thomas Morus)
Klein, aber fein

Käfer und Wildbienen vereint auf einer Blüte der wilden Möhre. So filigran die Blüten sind so sind auch die Tiere die auf Nahrungssuche sind. Wilde Möhren sind ein echter Magnet für Insekten. Meist nicht großartig beachtet von uns.
Giftig - aber für wen?

Jakobskreuzkraut, ist eine Pflanze aus der Familie der Korblütler. Für Weidetiere gefährlich, aber sie fressen sie nicht. Ausser sie ist im Heu, dann riechen sie es nicht und können daran sterben. Auch falls es in den Honig gelangen würde wäre es nicht gut. Die darin enthaltenen PA´s (Pyrrolizidinalkaloide) sind für die Bienen ungiftig, können aber zu Leberschädigungen bei Menschen führen wenn sie in großen Mengen und über einen längeren Zeitraum aufgenommen werden. Neuere Untersuchungen kommen zu dem Schluß dass sich die PA´s im Honig nach ein paar Monaten so weit abbauen und reduzieren, dass sie nicht mehr nachweisbar waren. Dennoch ist es ratsam die Ausbreitung dieser Pflanze zu verhindern.
Disteln - ein Paradies für Insekten

Disteln sind im Garten daheim meist ein Ärgernis. Sie verbreiten sich relativ schnell und sind sehr hartnäckig wenn es darum geht ihren Standort aufzugeben. Für Insekten jedoch sind sie eine gute Futterquelle und auf Disteln findet man zu fast jeder Zeit Insekten, vorausgesetzt die Disteln blühen. Daheim im Garten kann man damit etwas für die Insekten tun. Um die Ausbreitung zu vermeiden sollte man sofort nach der Blüte die Blüten abschneiden. Dann samen sie sich nicht aus.
Wer Schmetterlinge will braucht Brennesseln

Ca. 50 Schmetterlingsarten brauchen die Brennessel als Nahrungspflanze. Darunter so bekannte Arten wie das Tagpfauenauge und der "Kleine Fuchs". Der letztgenannte trägt die Brennessel sogar im lateinischen Artnamen. Aglais urticae (Urtica = Brennessel). Wenn es also irgendwo auf der Wiese oder im heimischen Garten ein kleines Eck für die Nesselpflanze gibt ist das ein guter Ort um etwas für die Schmetterlingswelt zu tun. Auch als Heilpflanze ist sie bekannt und ihre Früchte (auf dem Bild gut zu erkennen) schmecken leicht nussig. Sie sollen bei Erschöpfungszuständen helfen.
Das Beste kommt zum Schluß
Schon wieder auf dem Heimweg kam sie angeflogen. Unüberhörbar, mit einem leicht nach hinten geneigten Körper flog sie an mir vorbei um nach wenigen Metern im Gras zu landen. Es war ein Weibchen des Hirschkäfers. Dieses Jahr scheint ein "Hirschkäferjahr" zu ein. So viele wie dieses Jahr habe ich noch nie gezählt. Und das freut mich sehr.

Ich wurde letzthin gefragt warum ich denn meiner Frau nie Blumen von den Wiesen mitbringe. Eine Freundin meiner Frau fragte mich das. Und meine Antwort war eine mit der sie nicht gerechnet hat. Ich bemühte einmal mehr Christian Morgenstern.
Ich habe heute ein paar Blumen nicht gepflückt, um dir ihr Leben zu schenken